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The ARD-Doku "Aghet" about the Turkish Genocide of Armenians

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  • The ARD-Doku "Aghet" about the Turkish Genocide of Armenians

    Die Tageszeitung
    Freitag 09. April 2010


    Dunkle Blaupause;
    GENOZID Stark und wichtig: Die ARD-Doku "Aghet" über den türkischen
    Völkermord an den Armeniern

    RENÃ? MARTENS

    GENOZID Stark und wichtig: Die ARD-Doku Aghet über den türkischen
    Völkermord an den Armeniern

    Dass man bei einer Reise durch Deutschland eine Adolf-Hitler-StraÃ?e,
    eine Adolf-Eichmann-Grundschule oder ein Heinrich-Himmler-Ehrenmal
    sieht, liegt jenseits aller Vorstellungskraft. In der Türkei dagegen
    sind die Namen von Enver Pascha, Talat Pascha und Djemal Pascha noch
    auf diese Weise präsent. Während des Ersten Weltkriegs waren diese
    Regierungsmitglieder verantwortlich für den Völkermord an der
    armenischen Minderheit im Lande, dem bis zu 1,5 Millionen Menschen zum
    Opfer fielen. Dieser Genozid gilt als Blaupause des Holocausts.

    Der Beginn des Völkermords an den Armeniern jährt sich am 24. April
    zum 95. Mal. Für die ARD ist das ein Anlass, heute Abend Eric
    Friedlers aufwendige Dokumentation Aghet (armenisch für die
    Katastrophe ) zu zeigen. Historiker haben die Ereignisse zwar
    ausführlich aufgearbeitet, der breiten Ã-ffentlichkeit ist aber vor
    allem das AusmaÃ? der Barbarei unbekannt. Das Konzept der damaligen
    türkischen Regierung lautete Vernichtung durch Deportation :
    monatelange Totenmärsche aus verschiedenen Landesteilen endeten in der
    Wüste Syriens und der Steppe Mesopotamiens, sofern die Opfer nicht
    vorher massakriert wurden, verhungerten oder verdursteten.

    Aus Lageberichten deutscher und amerikanischer Diplomaten sowie den
    Aufzeichnungen von Ã?rzten, Missionsschwestern und Lehrerinnen aus
    verschiedenen Ländern hat Friedler die eindringlichsten Passagen
    extrahiert, die unter anderem Axel Milberg, Martina Gedeck und Hannah
    Herzsprung in ganz sachlichen Interviewsituationen in Szene setzen.

    Dieses Experiment (Friedler) gelingt auf überwältigende Weise, weil
    der Filmemacher in zwei Welten zu Hause ist: Bekannt geworden ist er
    als Dokumentarfilmer, vor allem mit dem mehrfach ausgezeichneten Film
    Das Schweigen der Quandts , mit der er neue Erkenntnisse über die
    Rolle der Unternehmerdynastie Quandt im Nationalsozialismus lieferte.

    Der Genozid an den Armeniern ist kein rein historisches Thema, weshalb
    Friedler den Bogen in die aktuelle Weltpolitik schlägt: Damals wie
    heute profitiert die Türkei, in deren offiziellen türkischen
    Geschichtsschreibung er bis heute nicht vorkommt, von der
    Samtpfötigkeit der Gro�mächte. Die Regierung des Deutschen Reichs lie�
    einst den Genozid geschehen, weil sie ihren Bündnispartner im Ersten
    Weltkrieg nicht verlieren wollte. Heute ist die Türkei wirtschaftlich
    und geostrategisch wichtig, hier befindet sich eine US-Militärbasis,
    die für Einsätze in Irak und Afghanistan von zentraler Bedeutung ist.
    Deshalb übt die Staatengemeinschaft kaum Druck auf die Türkei aus, den
    Genozid anzuerkennen.

    Mit Das Schweigen der Quandts sorgte Friedler dafür, dass die berühmte
    Industriellenfamilie sich gezwungen sah, eine wissenschaftliche
    Untersuchung ihrer eigenen Rolle im Nationalsozialismus in Auftrag zu
    geben. Aghet ist filmisch so stark, dass man ihm fast zutrauen möchte,
    ähnliche Debatten zum Thema Völkermord an den Armeniern auszulösen.
    RENÃ? MARTENS

    - Aghet ein Völkermord , ARD, 23.30 Uhr, Wiederholung: 13. 4.,
    Phoenix, 20.15 Uhr

    Auf Das Schweigen der Quandts lässt Eric Friedler nun Das Schweigen
    der Paschas folgen
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