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Istanbul: Rede von Bundeskanzler=?UNKNOWN?Q?Schr=F6d_er_anl=E4sslich

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  • Istanbul: Rede von Bundeskanzler=?UNKNOWN?Q?Schr=F6d_er_anl=E4sslich

    http://www.bundesregierung.de/Nachrichten-,417.825 590/rede/Rede-von-Bundeska
    nzler-Schroed.htm


    Mi, 04.05.2005


    Rede von Bundeskanzler Gerhard Schröder anlässlich der Verleihung der
    Ehrendoktorwürde durch die Marmara-Universität, am Mittwoch, 4. April
    2005 in Istanbul


    Es gilt das gesprochene Wort!

    Herr Ministerpräsident,
    Magnifizenz,
    Allheiligkeit,


    meine sehr verehrten Damen und Herren!Es ist für mich eine große
    Freude, hier an historischer Stelle im Herzen Istanbuls zu Ihnen
    sprechen zu können. Ich empfinde es als eine große Ehre, die
    Doktorwürde Ihrer traditionsreichen Universität entgegennehmen zu
    dürfen. Es freut mich besonders, als erster Ehrendoktor der
    Rechtswissenschaften von nun an Mitglied Ihrer angesehenen
    Universität und Fakultät zu sein. Magnifizenz, Ihnen und den
    Mitgliedern des Senats der Marmara-Universität danke ich sehr
    herzlich für diese Auszeichnung. Die Marmara-Universität besitzt eine
    mehr als 120 Jahre alte Tradition von Lehre und Forschung. Und sie
    genießt einen vorzüglichen Ruf weit über die Grenzen ihres Landes
    hinaus. Als drittgrößte Universität des Landes hat sie eine
    beeindruckende Reihe von erfolgreichen Absolventen hervorgebracht.
    Mit Ministerpräsidenten Erdogan will ich einen unter ihnen
    ausdrücklich erwähnen.Herr Ministerpräsident, ich empfinde es als
    eine besondere Ehre, dass Sie an dieser Feierstunde persönlich
    teilnehmen.Meine Damen und Herren,Deutschland und die Türkei sind
    seit langem aufs Engste politisch, wirtschaftlich und kulturell
    miteinander verbunden. Die Region, welche heute das Herz der Türkei
    bildet, ist eine der Wiegen der europäischen Zivilisation. Das
    osmanische Reich war nicht nur Erbe von Byzanz und des oströmischen
    Reiches, sondern zugleich der reichen griechisch-lateinischen und
    jüdisch-christlichen Kulturen in Anatolien. Berühmte Namen wie
    Herodot, den "Vater der Geschichtsschreibung", und Orte wie Troja,
    Pergamon oder den Berg Ararat verbinden wir mit dieser Region.Während
    des Großteils seiner Geschichte spielte das osmanische Reich eine
    wichtige Rolle in der europäischen Politik. Zugleich inspirierten vor
    allem französische und englische Reformideen die Modernisierung des
    türkischen Staates. Europäische Schulen der Philosophie und
    Soziologie bildeten die theoretische Grundlage für die Schaffung des
    modernen türkischen Nationalstaates durch Kemal Atatürk.Meine Damen
    und Herren,heute - wenige Tage vor dem Gedenken an den 60. Jahrestag
    des Endes des Zweiten Weltkriegs - will ich aber vor allem an einen
    Aspekt unserer gemeinsamen Geschichte erinnern, der nicht vergessen
    werden darf. Auf Initiative Ihres Staatsgründers Kemal Atatürk haben
    viele Deutsche, die während des nationalsozialistischen Terrors ihre
    Heimat verlassen mussten, hier in der Türkei gastfreundschaftliche
    Aufnahme gefunden. Unter ihnen waren viele Politiker, Wissenschaftler
    und Künstler - wie etwa der Sozialdemokrat Ernst Reuter, der
    Komponist Paul Hindemith und die Juristen Ernst Hirsch und Andreas
    Schwarz. Viele deutsche Exil-Wissenschaftler haben damals in Ihrem
    Land eine neue berufliche Heimat gefunden. Zugleich haben sie dazu
    beigetragen, das türkische Hochschul­wesen nach europäischem Vorbild
    auszubauen.Diese wissenschaftliche Zusammen­arbeit hat sich -
    besonders hier an der Marmara-Universität - bis in die Gegenwart zum
    gegenseitigen Nutzen fortentwickelt. Ihre Universität ist durch ein
    enges Netzwerk von persönlichen und wissenschaftlichen Kontakten und
    Austauschprogrammen mit vielen deutschen Universitäten verbunden. Ich
    freue mich besonders über den Erfolg ihrer deutschsprachigen
    Studiengänge in Betriebswirtschaft und Wirtschaftsinformatik Sie sind
    das Aushängeschild der deutsch-türkischen Hochschul­koopera=. tion.
    Bereits mehr als 500 Absolventen dieser Studieng=E4nge stehen als
    qual= ifizierte Nachwuchs=ADf=FChrungskr=E4fte f=FCr Unternehmen in
    unseren beiden= L=E4ndern bereit. Die gro=DFz=FCgige Unterst=FCtzung
    dieser Studieng=E4nge=20= durch die Wirtschaft, die ich
    ausdr=FCcklich anerkennen m=F6chte, ist Beleg=20= f=FCr die hohe
    Qualit=E4t und bedarfsorientierte Ausbildung an der Marmara-U=
    niversit=E4t. Die Ehrendoktorw=FCrde, die Sie mir heute verliehen
    haben, neh= me ich auch stellvertretend f=FCr alle diejenigen an, die
    mit gro=DFem pers= =F6nlichem Einsatz zum Erfolg der
    deutsch=ADsprachigen Abteilungen beigetrag= en haben. Ich w=FCrde es
    sehr begr=FC=DFen, wenn der Ausbau der Abteilungen=20= zu einer
    deutschsprachigen Fakult=E4t mit stark europ=E4ischer Ausrichtung w=
    ie geplant gel=E4nge. Eine solche Fakult=E4t w=E4re gerade f=FCr die
    jungen=20= Menschen in der T=FCrkei ein weiteres Symbol f=FCr die
    Dichte der Beziehunge= n zwischen unseren L=E4ndern.Meine Damen und
    Herren,die T=FCrkei hat in frei= er Entscheidung den Weg nach Europa
    eingeschlagen. Die gro=DFen Anstrengunge= n, die sie dabei bereits
    unternommen hat, haben die Staats- und Regierungsch= efs der
    Europ=E4ischen Union im vergangenen Dezember mit der einstimmigen En=
    tscheidung f=FCr die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen honoriert.
    Ich hatt= e mich mit Nachdruck f=FCr diese Entscheidung eingesetzt.
    Nun muss die T=FCr= kei diesen Weg konsequent weitergehen. Sie darf
    in ihren Anstrengungen nicht= nachlassen. Die Reformen m=FCssen
    umgesetzt und ihre Unumkehrbarkeit sicher= gestellt werden -
    insbesondere im Hinblick auf Rechtstaatlichkeit, Grundfrei= heiten,
    und den vollen Respekt der Menschen- und Minderheitenrechte. Misshan=
    dlungen durch Sicherheitskr=E4fte, Beschr=E4nkungen der
    Meinungsfreiheit und= Diskriminierung von Frauen sind mit
    europ=E4ischen Werten nicht vereinbar.D= ie Beitrittsverhandlungen
    sollen am 3.=A0Oktober beginnen. Die Voraussetzung= en, welche die
    T=FCrkei hierf=FCr noch im Einzelnen zu erf=FCllen hat, sind=20=
    bekannt. Weitere Bedingungen werden nicht gestellt.Meine Damen und
    Herren,ei= n Thema, dass mir pers=F6nlich und auch meinen
    Mitb=FCrgerinnen und Mitb=FCr= gern sehr am Herzen liegt, ist die
    Lage der nicht-muslimischen Religions=ADg= emeinschaften in der
    T=FCrkei. Deshalb war es mir besonders wichtig, heute m= it seiner
    Allheiligkeit, dem =D6kumenischen Patriarchen Bartholomaios I. zus=
    ammenzutreffen. Unter dem Eindruck dieses Gespr=E4chs m=F6chte ich
    die T=FCr= kei ermutigen, den auch vom j=FCngsten Assoziationsrat
    EU-T=FCrkei best=E4ti= gten Reformbedarf im Bereich der
    Religionsfreiheit anzugehen. Auch nicht-mus= limische
    Religions=ADgemein=ADschaften k=F6nnen als Bereicherung und Teil de=
    s kulturellen und religi=F6sen Erbes Ihres Landes wahrgenommen
    werden. Meine= Damen und Herren,Europa ist eine Friedensgemeinschaft,
    deren Mitglieder sic= h um der gemeinsamen Zukunft willen ihrer
    Vergangenheit stellen.Vor wenigen= Tagen wurde in vielen L=E4ndern
    der Welt des schrecklichen Schicksals hunde= rttausender Armenier im
    osmanischen Reich gedacht. Auch der Deutsche Bundest= ag hat sich mit
    den Ereignissen vor mehr als 90=A0Jahren befasst. Parlamenta= rier
    aller Fraktionen haben sich zur deutschen Mitverant=ADwortung
    bekannt.=20= Ich begr=FC=DFe und anerkenne den j=FCngsten Vorschlag
    von Ministerpr=E4side= nt=A0Erdogan, die Ereignisse vor 90 Jahren
    durch eine Historiker=ADkommissio= n aufarbeiten zu lassen. Dabei
    sollte auch die damalige Rolle des Deutschen=20= Reichs nicht
    ausgeklammert bleiben. Ich rege daher an, dass international an=
    erkannte Historiker, vielleicht auch aus Deutschland, an dieser
    Aufarbeitung= mitwirken. Die Archive in Deutschland stehen daf=FCr
    offen.Gerade wir Deuts= che wissen, welche politische,
    gesellschaftliche und menschliche Herausforde= rung mit der
    Aufarbeitung historischer Ereignisse verbunden ist. Die Auss=
    =F6hnung mit Frankreich, mit Polen und unseren anderen Nachbarn nach
    den Sch= recken des Zweiten=A0Weltkrieges zeigt aber: sie kann
    gelingen - zum Wohle a= ller Beteiligten. Gerade deshalb bin ich
    =FCberzeugt: Der von Ministerpr=E4s= ident Erdogan vorgeschlagene Weg
    weist in die richtige Richtung. Es ist der=20= Weg zur Normalisierung
    der Beziehungen zwischen der T=FCrkei und Armenien un= d damit zur
    Stabilisierung der gesamten Kaukasusregion. Es ist ein Weg, auf=20=
    dem es nur Gewinner gibt.Deutschland ist bereit, die T=FCrkei und
    Armenien a= uf diesem Weg zu ermutigen und zu unterst=FCtzen.Meine
    Damen und Herren,= die T=FCrkei ist f=FCr Deutschland und Europa ein
    gesch=E4tzter und verl=E4s= slicher Partner.Im Rahmen der NATO, bei
    der Stabilisierung von Krisenregione= n und beim Kampf gegen den
    internationalen Terrorismus arbeiten wir eng und=20= vertrauensvoll
    zusammen. In Bezug auf Irak hat die t=FCrkische Regierung ein= e
    umsichtige und verantwortungsvolle Politik bewiesen.Europa und die
    T=FCrke= i haben ein gro=DFes Potenzial, bei der Modernisierung und
    Demokratisierung=20= des Nahen und Mittleren Ostens weiter eng
    zusammen zu arbeiten. Ich ermutige= die T=FCrkei, dieses gemeinsame
    Potenzial auch bei der Stabilisierung der K= aukasusregion
    verst=E4rkt einzusetzen.Meine Damen und Herren,ich bedaure seh= r,
    dass im vergangenen Jahr trotz der konstruktiven Politik der
    t=FCrkischen= Seite eine L=F6sung der Zypern-Krise nicht zustande
    gekommen ist. Zugleich=20= habe ich Verst=E4ndnis f=FCr die
    Entt=E4uschung in der T=FCrkei und auf Zype= rn. Wir geben die
    Hoffnung nicht auf, dass in naher Zukunft eine umfassende,= gerechte
    L=F6sung f=FCr die geteilte Insel zu erreichen sein wird.Meine Dam=
    en und Herren,die Beitrittsverhandlungen zur Europ=E4ischen Union
    werden sic= herlich lang und mitunter schwierig werden. Ihr Verlauf
    wird ma=DFgeblich be= stimmt werden durch den Fortgang des
    Reformprozesses in der T=FCrkei. Entsch= eidend dabei ist, dass wir
    das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verlieren= : den Beitritt der
    T=FCrkei zur Europ=E4ischen Union.Die T=FCrkei hat ein gr= o=DFes
    Potenzial. Dies hat sie bei der Vorbereitung auf den Europ=E4ischen
    R= at im Dezember eindr=FCcklich unter Beweis gestellt. Das hat uns
    allen Hocha= chtung abgefordert: Es ist bereits Enormes geleistet
    worden - es bleibt aber= immer noch Enormes zu leisten. Ich ermutige
    Sie, diesen schwierigen Weg mit= Entschlossenheit weiter zu gehen.
    Deutschland werden Sie dabei an Ihrer Sei= te wissen. Die T=FCrkei
    und die Europ=E4ische Union stehen vor gro=DFen Hera= usforderungen,
    es er=F6ffnen sich uns aber auch gro=DFe Chancen.Als Ehrendok= tor
    der Marmara-Universit=E4t und Freund der T=FCrkei werde ich die
    T=FCrkei= weiter darin unterst=FCtzen, diese Herausforderung zu
    meistern und unsere g= emeinsamen Chancen zu nutzen.Ich danke Ihnen.

    --Boundary_(ID_560awBrUv6k/FBaO49Xvxw)--
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