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Der tuerkische Schriftsteller Orhan Pamuk erhaelt den Friedenspreis

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  • Der tuerkische Schriftsteller Orhan Pamuk erhaelt den Friedenspreis

    General-Anzeiger (Bonn)
    23. Juni 2005

    Mut zu politisch brisanten Themen:

    LITERATUR: Der tuerkische Schriftsteller Orhan Pamuk erhaelt den
    Friedenspreis des Deutschen Buchhandels. In seiner Heimat wird er
    angefeindet, weil er an die Ermordung zahlloser Armenier im
    Osmanischen Reich erinnert


    Mut zu politisch brisanten Themen LITERATUR Der tuerkische
    Schriftsteller Orhan Pamuk erhaelt den Friedenspreis des Deutschen
    Buchhandels. In seiner Heimat wird er angefeindet, weil er an die
    Ermordung zahlloser Armenier im Osmanischen Reich erinnert Der...

    Der diesjaehrige Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geht an den
    tuerkischen Schriftsteller Orhan Pamuk (53). Das teilte der
    Boersenverein des Deutschen Buchhandels gestern in Frankfurt mit.
    Pamuk sei einem Begriff von Kultur verpflichtet, "der ganz auf Wissen
    und Respekt vor dem anderen gruendet", hiess es zur Begruendung. Er
    habe ein Werk geschaffen, "in dem Europa und die muslimische Tuerkei
    zusammenfinden". Die mit 25 000 Euro dotierte Auszeichnung, eine der
    renommiertesten in Deutschland, wird Pamuk am 23. Oktober zum
    Abschluss der Frankfurter Buchmesse in der Paulskirche verliehen.

    "Mit Orhan Pamuk wird ein Schriftsteller geehrt, der wie kein anderer
    Dichter unserer Zeit den historischen Spuren des Westens im Osten und
    des Ostens im Westen nachgeht", begruendete der Stiftungsrat seine
    Wahl. Zugleich trete Pamuk immer wieder fuer Menschen- und
    Minderheitenrechte ein und beziehe Stellung zu den politischen
    Problemen seines Landes. In seiner Heimat sieht sich Pamuk dagegen
    Anfeindungen nationalistisch gesinnter Tuerken ausgesetzt, weil er
    Anfang dieses Jahres an die Ermordung von rund einer Million
    Armeniern im Osmanischen Reich 1915/16 erinnerte. Unter anderem
    forderte ein Politiker, Pamuks Buecher sollten verbrannt werden.

    Der in Istanbul lebende Pamuk, der Architektur und Journalismus
    studierte, kommt aus einer grossbuergerlichen Familie. Er wurde mit
    Romanen wie "Die weisse Festung", "Rot ist mein Name" und zuletzt
    "Schnee" bekannt. Seine vielfach ausgezeichneten Buecher, die in 34
    Sprachen uebersetzt wurden, werden in der Tuerkei vor allem von der
    juengeren Generation gelesen. Von der "New York Times" wurde
    "Schnee", ein Buch ueber die Konfrontation von westlicher und
    islamischer Kultur, als das beste auslaendische Buch 2004 gefeiert.

    Der Direktor des Essener Zentrums fuer Tuerkeistudien, Faruk Sen,
    wertete die Auszeichnung fuer Pamuk als "hervorragende Entscheidung".
    "Das kann Wellen schlagen", sagte Sen. Es sei wichtig, dass es
    kritische Schriftsteller in der Tuerkei gebe. Auch fuer das Land sei
    der Preis eine Anerkennung. Auch der Koelner Autor und Publizist
    Ralph Giordano sprach von einer ausgezeichneten Wahl. Pamuk habe
    oeffentlich ein Bekenntnis gegen die "tuerkische Lebensluege"
    abgegeben, sagte Giordano, der einst eine Dokumentation zum
    Voelkermord an der armenischen Bevoelkerung produzierte.

    "Voller Freude, aber auch mit etwas gemischten Gefuehlen" reagierte
    Pamuks Lektorin beim Muenchner Hanser Verlag, Anna Leube, auf die
    Nachricht vom Friedenspreis. Nach den Anfeindungen gegen Pamuk in der
    Tuerkei "bange ich ein bisschen, weil Pamuk durch den Preis noch mehr
    in den Blickpunkt der OEffentlichkeit geraten wird." Der
    Programmgeschaeftsfuehrer des Fischer Taschenbuch Verlags, Peter
    Lohmann, sagte, Pamuk sei "nicht nur einer der bedeutendsten
    Prosa-Autoren der heutigen Tuerkei, er ist auch ein mutiger Autor,
    der unbequeme Themen seines Landes aufgreift, die zu heftigen
    Reaktionen in der Tuerkei wie auch im Ausland fuehren".
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