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Bewegung zwischen Turkei und Armenien [in german]

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  • Bewegung zwischen Turkei und Armenien [in german]

    Frankfurter Allgemeine Zeitung
    27. Januar 2007 Samstag

    Bewegung zwischen Türkei und Armenien;
    Eriwan bekräftigt Bereitschaft zur Aufnahme diplomatischer
    Beziehungen - Ankara denkt nach;

    Von Rainer Hermann


    ISTANBUL, 26. Januar. Eine Nebenwirkung des Mordes an dem
    türkischarmenischen Intellektuellen Hrant Dink vor einer Woche ist,
    dass Bewegung in das Verhältnis zwischen der Türkei und Armenien
    gekommen ist. Die Grenze zwischen den beiden Staaten ist geschlossen,
    und sie unterhalten keine diplomatischen Beziehungen. Zwischen ihnen
    steht die gegensätzliche Einschätzung der Massaker an Armeniern im
    Osmanischen Reich 1915, in der Türkei vermutete Gebietsansprüche auf
    die in Armenien als "Westarmenien" bezeichneten Gebiete in der
    Osttürkei, die bis 1915 von Armeniern besiedelt waren, und der
    Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan über die armenische
    Exklave Nagornyj Karabach. In diesem Streit steht Ankara auf Seiten
    der sprachlich und kulturell verwandten Aserbaidschaner.

    Zur Beisetzung Dinks ist nun zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder
    eine offizielle Delegation der Republik Armenien in die Türkei
    gekommen. Der armenische Staatspräsident Kotscharjan entsandte den
    stellvertretenden Außenminister Arman Giragosjan nach Istanbul. Der
    Delegation gehörte auch der persönliche Berater des Staatspräsidenten
    an, der aus der Türkei stammende Samson Özararat. Abgeholt hat sie am
    Istanbuler Flughafen der außenpolitische Berater des türkischen
    Ministerpräsidenten, Davutoglu. Giragosjan war ein Treffen mit
    Außenminister Gül versprochen worden. Lediglich mit Davutoglu traf er
    aber zusammen, dem er ein Schreiben seiner Regierung mit Vorschlägen
    zur Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Ländern
    überreichte.

    Ganz unterbrochen sind die Kontakte zwischen beiden Staaten nicht.
    Diplomaten beider Länder treffen sich regelmäßig, etwa bei Sitzungen
    des Schwarzmeer-Kooperationsrats (BSEC), zuletzt Ende 2006 in Moskau.
    Der Generalsekretär der Organisation ist der Armenier Karen Mirzojan,
    der auch zu der armenischen Delegation bei der Beisetzung Dinks
    gehörte. Auch fliegen Diplomaten beider Außenministerien immer wieder
    in die georgische Hauptstadt Tiflis, wo sie sich auf neutralem Boden
    austauschen. Im vergangenen Jahr lud der türkische Generalstab sogar
    einen Brigadegeneral aus Armenien zu einer Antiterrorkonferenz ein.
    Über die meisten dieser Treffen wird jedoch nichts bekannt.

    Giragosjan bekräftigte in Istanbul die armenische Bereitschaft, ohne
    Vorbedingungen diplomatische Beziehungen aufzunehmen. Der türkische
    Ministerpräsident Erdogan lehnte es aber ab, sich vor einer
    eingehenden Lektüre zu dem Brief zu äußern. Außenminister Gül sagte,
    die Türkei sei "auf der Grundlage des gegenseitigen Vertrauens und
    Respekts" zu freundschaftlichen Beziehungen mit Armenien bereit.
    Beide Seiten müssten dazu Schritte unternehmen, und Armenien habe
    seine Einstellung zur Türkei zu überprüfen. Gül lehnte abermals die
    Anerkennung des Genozids an den Armeniern als Voraussetzung für die
    Normalisierung der Beziehungen ab und erneuerte den türkischen
    Vorschlag einer internationalen Historikerkommission zur Untersuchung
    der Ereignisse von 1915. Armenien hat sich gegen eine solche
    Kommission ausgesprochen und plädiert für eine bilaterale Beilegung
    der Meinungsverschiedenheiten.

    Die Türkei fordert Armenien auf, seine Unabhängigkeitserklärung von
    1991 zu ändern, in der nach türkischer Auslegung mit dem Begriff
    "Westarmenien" ein indirekter Anspruch auf türkisches Territorium
    erhoben wird. Ferner kritisiert die Türkei, dass die armenische
    Verfassung den Berg Ararat, der auf türkischem Territorium liegt, zum
    Nationalsymbol erklärt. Ankara fordert Armenien zur Anerkennung des
    Abkommens von Kars von 1921 auf, das die Grenze zwischen der Türkei
    und der Sowjetunion festgelegt hatte. Die türkische Regierung war
    2004 schon einmal zur Öffnung der Grenze mit Armenien bereit, rückte
    davon aber nach einem Einspruch der Armee und aufgrund des Drucks aus
    Aserbaidschan wieder ab.

    Davutoglu beriet nach seinem Treffen mit Giragosjan mit Erdogan und
    Gül über die Auswirkungen des Mords an Dink auf die Beziehungen zu
    Armenien. Eine Rolle spielte dabei, dass der Staatssekretär im
    amerikanischen Außenministerium, Burns, in Ankara die Türkei
    aufgefordert hatte, mit konstruktiven Schritten dazu beizutragen, die
    vom amerikanischen Kongress vorbereitete Resolution zum
    Armeniergenozid noch zu verhindern. Falls von der Türkei keine neuen
    Initiativen kommen, rechnen amerikanische Diplomaten in Ankara, dass
    der Kongress vor dem Jahrestag des Genozids am 24. April eine
    Resolution verabschieden wird. Die neue Sprecherin des
    Abgeordnetenhauses, Pelosi, in deren Wahlkreis San Francisco eine
    starke armenische Minderheit lebt, macht sich dafür stark.
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